Ansprache zur Eröffnung der Ausstellung "Fühlen im Herzen" von Kaspar F. Jehle, Klosterstiftung Dornach, 12. April 2002
Sehr geehrte Gäste, Liebe Freunde und Familie von Kaspar F. Jehle,
Wenn ich im folgenden ein paar Gedanken zur Eröffnung dieser Ausstellung äussere, so tue ich das nicht in erster Linie als Germanist, sondern als Freund eines Menschen und Künstlers, den ich sehr schätzen gelernt habe, ja dessen Lebenseinstellung, Lebenskampf und Leistung ich bewundere.
Wie es die Kurzbiographie auf der Einladung mit dem Wort vom "nicht immer einfachen Werdegang" andeutet, ist Kaspar F. Jehles Künstlertum als Bildhauer, Dichter und Maler das Ergebnis eines langen und schwierigen Weges. Aber dieser Weg war seine eigene Therapie.
Er hat seine Gefährdung und Krisen, aber auch seine leidenschaftliche Suche nach Wissen, Selbsterkenntnis und Mitmenschlichkeit in seine Arbeiten hineinbringen können. Und aus diesen sprechen sie nun zu uns, zu Ihnen.
Das ist Anlass einer grossen Freude für alle, die Kaspar F. Jehle mögen und schätzen. Er ist damit herausgetreten aus einer schwer zu ertragenden Einsamkeit - an die Oeffentlichkeit.
Sein Werk ist erfüllt von seinen Ideen, aber auch von seinem tiefen Mitgefühl für jene, die es noch schwerer haben im Leben, die noch einsamer sind im Leiden. Seine Gedichte zeigen jedoch auch eine heute selten gewordene enge Verbundenheit mit der ganzen geschöpflichen Natur, den Tieren, Planzen, Steinen, Landschaften, Jahreszeiten und mit den Geheimnissen des Kosmos.
Und zu Kaspar F. Jehles Ideenkreis gehört viel Kulturelles: die Antike der Griechen mit ihren Dichtern, Architekten und Philosophen, ihren Mythen und Sagen, aber auch viel Geschichtliches: das Mittelalter, die Französische Revolution, die Kolonisation Afrikas und Amerikas und das Unrecht, das europäische Besitzgier den Urvölkern angetan hat.
Fast ebenso oft ist in den Gedichten auch von Politik die Rede, von der Schweiz, unseren Versäumnissen und Fehleinstellungen, von Unverständnis für Randexistenzen, Verarmte und Fremde, Irre und Kranke.
So trifft man in den Texten von Jehle immer wieder auf Appelle zur Toleranz und Liebe, aber auch auf scharfe Abrechnungen mit Profitdenken, Machtgehabe, falschem Ehrgeiz und Neid.
Neben dem tief empfundenen Lob der Schönheit der kreatürlichen Welt und genialer Schöpfungen der Kultur ist somit ein zweiter Hauptton in Jehles Gedichten der Zorn, die Mahnung, das kritische Fragen: Was machen wir mit unseren natürlichen Ressourcen? Was wird aus der Menschheit, wenn es so weitergeht? Sind wir noch belehrbar? noch überlebensfähig?
Eine tiefe Sorge kennzeichnet so Jehles Nachdenken über unsere Lebensweisen, aber auch über die Naturgesetze, die Evolution und über Gott. Und diese Sorge ist begleitet von Zweifeln, auch von Schwanken und Wiederruf - wie es nur Menschlich ist.
Es drückt sich darin, neben der starken Empathie, der Fähigkeit zum Mitleiden mit aller Kreatur, in Jehles Texten eine weitere seiner Qualitäten aus, die ich besonders schätze: seine grosse Aufrichtigkeit.
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In den Hunderten von Texten, die in den vergangenen Jahren entstanden sind (und täglich am entstehen sind), steckt aber auch Poetisches und Originelles, gedankliche Schärfe und sprachliche Prägnanz. Immer wieder gibt es bei Jehles Verse oder Zeilen, die mich sofort und nachhaltig berühren.
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Wieviel in den Gedichten zu entdecken ist, mögen nun noch ein paar ausgewählte Zitate zeigen.
Anfangen möchte ich mit zwei Strophen, die an das zu Beginn der Vernissage dargebotene Geigenspiel anschliessen. Sie stehen in einem Gedicht mit dem Titel "Die Violine des Geigers" vom 09.01.2000 und lauten so:
Hörst du den Geiger spielen, Im Gehör ein süsser melancholischer Klang? Die Musik ergötzt deine Seele, Dem Wahnsinne nahe.
Wie die Form des Klanges dein Herz erquickt, Wo Träume die Gefühle wecken. Dieses Jubilieren und Jauchzen des Menschen, Ein ewiges Streben nach Musik und Dasein.
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Bilder und Stimmungen, wie sie der Dichter Friedrich Hölderlin in seiner Griechenland-Sehnsucht erfand, oder auch Eduard Mörike, der schwäbische Lyriker und Erzähler, zeigen, wie gern Kaspar F. Jehle nicht nur mit dem Gehör, sondern auch mit den Augen Schönheit in der Kunst und in der Natur aufnimmt.
So lautet etwa der Schluss des Gedichtes "Der Fluch der Zeit" (13.12.2000):
"Toll sein ist keine Krankheit, sondern Wiege des Schönen, Wo du die Zeit vergisst im antiken Griechenland. Im Dichtertum der Reinheit des Wortes ergeben, Liebt ein Narr die Meere der Würde des Menschseins".
Neben dem Liebhaber der Töne und Bilder gibt es aber wie gesagt auch den nachdenkenden und philosphierenden Kaspar F. Jehle. Er prägt Sätze, die unter die Haut gehen können. So etwa:
"Die Weltzeit läuft gegen die Menschheit"; "Was ist Recht im Gesetz?";
oder:
"Steinzeit homo sapiens Du spielst Dein letztes Spiel. Erinnere Dich an Kant!" (Schauspieler, 14.01.2001)
Manchmal hat Jehles Nachdenken auch einen surrealen, grotesken oder humoristischen Beiklang. So in den Zeilen:
"Wo Kinder und Affen suchen, Sind tausend Dinge im Chaos versteckt". (02.02.2001)
oder in den Zeilen:
"Du Narr der Erkenntnis Kein Esel ist stark genug, Um das Dach der Welt zu tragen. Ertrage Dich selber im Leben!" (27.12.2001)
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Nicht zuletzt ist Kaspar F. Jehle ein kritischer Mahner und Prediger mit pädagogischer Ader, wie schon die eben gelesenen Verse zeigten. Und dann kann er radikal werden. So in den zwei folgenden Strophen des Gedichtes "Die Politik" (08.11.2000):
"Sie ist die Hure der Diplomatie und des Geldes, Lebt von Lügen und blutigen Händen. Lässt die Reichen reicher werden, und verurteilt die Wahrheit.
Polititk lässt sich vergolden und ist machtsüchtig, Ein jeder Politiker lügt sein Volk an. Demokratie ist die Diktatur des Geldes."
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Sehr geehrte Gäste, Liebe Freunde und Familie von Kaspar F. Jehle! Die Ausstellung, die wir hier sehen, trägt den Titel "Fühlen im Herzen". Das ist keine Selbstverständlichkeit mehr. "Cool bleiben" ist heute die grosse Mode. Ob das glücklicher macht und die Welt weiter bringt, ist zu bezweifeln. Kaspar F. Jehle ist vom Gegenteil überzeugt. So schrieb er im Dezember 1999 den paradoxen Gedanken auf: "Ein Mensch, der denkt, spricht aus dem Innersten des Herzens." (02.12.1999). Ich meine, das sei bei ihm wirklich so. Und damit hat er unserer Zeit etwas zu sagen. Ich hoffe Ihnen das gezeigt zu haben.
Professor Martin Stern, Basel Auszüge aus der Ansprache Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung "Fühlen im Herzen" von Kaspar F. Jehle, Klosterstiftung Dornach, 12. April 2002.
1964 als fuenftes von sieben Kindern im laendlichen Baselland geboren, erlebte Kaspar F. eine sorgenfreie Jugend ausgefuellt mit Schule, Pfadfinderaktivitaeten und Hobbie-Viehzuechten.
Seine grossen kuenstlerischen Faehigkeiten entdeckte Kaspar F. mit 20 Jahren beim Schnitzen von stilistisch eigenstaendigen Holzskulpturen. Sein grosses Vorbild war der beruehmte Kuenstler Folke Truedsson aus Schweden (http://www.folketruedsson.ch).
1985 entwickelte Kaspar F. seine Liebe zur Poesie und machte sie zu seiner bevorzugten Ausdrucksweise. Die Verse widerspiegeln die vielfaeltigen Erfahrungen, Erkenntnisse, Gefuehle und Eindruecke aus seinem Leben, sowie aus seinem nicht immer einfachen Werdegang.
Seit 1999 ergaenzt Kaspar F. seine Schnitzerei und Poesie mit dem Malen von Bildern.
Heute sind es Bilder, Gedichte und Skulpturen die Kaspar einsetzt, um seine gefuehlvollen und gereiften, aber auch zeitkritischen Gedanken seinen Mitmenschen mitzuteilen. Bei allem und jedem stehen fuer Kaspar F. Jehle stets die menschlichen Werte im Zetrum. Seine Ausdrucksformen erfreuen Freunde und Kunstliebhaber weit ueber die Schweizer Grenze hinaus.
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